Neuheiten und Änderungen im Umsatzsteuerbereich und in der Abgabenordnung

08/23/16

 

Indirect Tax Alert, August 2016, Ausgabe 4

Kurze Darstellung

In dieser Ausgabe bringen wir Auskünfte über zwei neu entworfene Novellen zum UStG und zur Abgabenordnung, die sich momentan im legislativen Genehmigungsprozess befinden. Die neueste Novelle zum UStG verschiebt die Anwendung der umgekehrten Steuerschuldnerschaft bei Wareneinfuhr, präzisiert die Regeln des Vorsteuerabzugs für ausländische Unternehmer und führt den Zins aus einbehaltener Vorsteuervergütung ein. Um Steuerverfahren effektiver zu machen, regelt der vorgelegte Entwurf der Novelle zur Abgabenordnung den Prozess der vorläufigen Maßnahme, präzisiert das Kontrollverfahren und führt ein verkürztes Veranlagungsverfahren ein. Über etwaige Änderungen und die endgültige Fassung dieser Novellen werden wir Sie rechtzeitig informieren.

Änderungen im Umsatzsteuerbereich

 

Steuerschuldnerschaft bei Wareneinfuhr

Verschiebung des Inkrafttretens der umgekehrten Steuerschuldnerschaft bei Wareneinfuhr

Nach der aktuellen Fassung des UStG sollte die umgekehrte Steuerschuldnerschaft bei Wareneinfuhr aus Drittländern vom 1. Januar 2017 eingeführt werden. In der Praxis würde dies bedeuten, dass die Steuerzahler die Umsatzsteuer bei Wareneinfuhr nicht mehr an die Zollbehörden entrichten würden (die dann erst später durch die Umsatzsteuererklärung abgezogen werden konnte), sondern diese direkt mittels Umsatzsteuererklärung anhand des Mechanismus der umgekehrten Steuerschuldnerschaft erklären würden. Mittels Umsatzsteuererklärung würden sie gleichzeitig den Anspruch auf Abzug der entsprechenden Vorsteuer (unter der Voraussetzung, dass sämtliche rechtlichen Anforderungen erfüllt sind) geltend machen. Diese Regelung würde einen sehr positiven Einfluss auf die Kapitalflüsse jener Unternehmen bedeuten, die Waren aus Drittländern einführen.

Mit dem Novellenentwurf wird jedoch die Anwendung der umgekehrten Steuerschuldnerschaft bei Wareneinfuhr auf unbestimmte Zeit verschoben. Es wird nämlich vorgeschlagen, mit der Anwendung der umgekehrten Steuerschuldnerschaft erst in dem Kalenderjahr anzufangen, das dem Jahr folgt, in dem die Verschuldung der öffentlichen Haushalte in der Slowakei auf eine gesetzlich festgelegte Ebene sinkt. Mit der Verschiebung soll erzielt werden, dass ein hinreichend langer Zeitraum für die Durchführung aller mit der Einführung dieser Regelung zusammenhängenden legislativen (Muster der Umsatzsteuererklärung, der Kontrollliste) sowie nichtlegislativen Maßnahmen (z.B. Änderungen der Informationssysteme) sowohl seitens der Finanzverwaltung als auch seitens des betrieblichen Umfelds zur Verfügung steht.

Sog. Generalamnestie für Bauarbeiten

Mit der Gesetzesnovelle soll ab 1. Januar 2017 die sog. Generalamnestie im Zusammenhang mit der Lieferung von Bauarbeiten und Waren mit Installation oder Montage gemäß § 69 Abs. 12 Buchst. j) eingeführt werden, da es in der Praxis oft zur nicht einheitlichen Beurteilung von Lieferungen von Bauarbeiten nach der Europäischen Güterklassifikation in Verbindung mit den Wirtschaftszweigen (engl. CPA – Classification of Products by Activity) kommt. Dadurch werden sowohl die Lieferanten als auch die Leistungsempfänger dem Risiko einer nachträglichen Erhebung der USt bzw. der Ablehnung des geltend gemachten Vorsteuerabzugs ausgesetzt.

Daher wird die Einführung einer gesetzlichen Fiktion bei der Anwendung der Übertragung der Steuerschuld bei Bauarbeiten vorgeschlagen, welche nicht nur die Rechtssicherheit für beide Parteien sondern auch die Reduzierung der administrativen Belastung wegen Verifizierung der Richtigkeit der Klassifizierung von Baulieferungen nach der CPA-Klassifizierung bringen soll. Nach der neu entworfenen Novelle zum UStG hat der Leistungsempfänger die erhaltene Leistung automatisch selbst zu besteuern, wenn der Lieferant aufgrund einer begründeten Annahme festgestellt hat, dass die von ihm gelieferte Tätigkeit der umgekehrten Steuerschuldnerschaft unterliegt, und gleichzeitig die Information „umgekehrte Steuerschuldnerschaft“ auf der Rechnung angeführt hat.

Vorsteuervergütung an ausländische Personen

 

Vorsteuervergütung an ausländische Personen aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat bzw. aus einem Drittland

Mit der Gesetzesnovelle wird vorgeschlagen, dass ausländische Umsatzsteuerzahler, die lediglich Lieferungen mit Übertragung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger nach § 69 Abs. 2, 3 und ebenfalls 12 (z.B. Bauarbeiten, Lieferung von Metallabfall und Schrott, Lieferung von Handys usw.) tätigen, den Vorsteuerabzug nur mittels Antrag auf Vorsteuervergütung für ausländische Personen beanspruchen können. Diese Regelung wird den Geldfluss ausländischer Umsatzsteuerzahler wegen einer längeren Frist für die Rückerstattung der Vorsteuer negativ beeinflussen. Diese Änderung soll nach dem Entwurf am 1. Januar 2017 in Kraft treten.

Ausländische Umsatzsteuerzahler werden jedoch weiterhin berechtigt sein, den Vorsteuerabzug aus erhaltenen Leistungen, die der umgekehrten Steuerschuldnerschaft unterliegen (z.B. innergemeinschaftlicher Erwerb im Inland), mittels einer Umsatzsteuererklärung geltend zu machen, auch wenn sie lediglich Leistungen mit Übertragung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger gemäß § 69 Abs. 2, 3 und 12 tätigen.

Entschädigung für die Einbehaltung der Vorsteuervergütung

Entschädigung für die Einbehaltung der Vorsteuervergütung während der steuerlichen Betriebsprüfung

Im Anschluss an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs („EuGH“) in der Rechtssache C-107/10 (Enel Maritsa Iztok 3 AD gegen Direktor von „Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto“ NAP) sowie den Beschluss des EuGH in der Rechtssache C-120/15 (Kovozber s.r.o. gegen Daňový úrad Košice) wird vorgeschlagen, den Anspruch von Umsatzsteuerzahlern auf eine finanzielle Entschädigung (sog. Vorsteuervergütungszins) für die einbehaltene Vorsteuervergütung während einer steuerlichen Betriebsprüfung einzuführen.

Nach dem Novellenentwurf entsteht der Anspruch auf den Zins, wenn die steuerliche Betriebsprüfung, mit der das Finanzamt innerhalb der gesetzlichen Frist für die Erstattung des Vorsteuerüberhangs begonnen hat, länger als sechs Monate ab dem Tag, an dem der Vorsteuerüberhang dem Umsatzsteuerzahler zurückgegeben werden sollte, dauern wird. Der Zins soll 1,5 % p.a. von der Höhe des erstatteten Vorsteuerüberhangs betragen, und zwar für jeden Tag bis zu dessen Erstattung. Diese Bestimmung soll am 1. Januar 2017 in Kraft treten. Zugleich soll sie ebenfalls auf laufende steuerliche Betriebsprüfungen angewendet werden, die zum 1. Januar 2017 nicht beendet werden.

Änderungen in der Abgabenordnung

Rationalisierung des Kontrollverfahrens

Die vorgeschlagene rechtliche Regelung des Kontrollverfahrens sieht unterschiedliche Konsequenzen vor, wenn die Aufforderung des Steuerverwalters zur Mängelbehebung in der angegebenen Steuererklärung nicht befolgt wird. Wenn es um solche Mängel geht, die keinen Einfluss auf die Steuer bzw. den geltend gemachten Anspruch haben, können diese vom Steuerverwalter selbst berichtigt werden, sofern er über die richtigen Angaben verfügt (z.B. die SK NACE-Nummer, die Steuernummer (DIČ), der Besteuerungszeitraum). Bei Mängeln, welche die Steuer bzw. den geltend gemachten Anspruch beeinflussen, bleibt als Konsequenz der Nichtbefolgung der Aufforderung weiterhin die Durchführung einer steuerlichen Betriebsprüfung oder die Festsetzung der Steuer bzw. des Anspruchs im verkürzten Veranlagungsverfahren. 

Verkürztes Veranlagungsverfahren

Es geht um eine neue Methode der Festsetzung der Steuer im Rahmen des sog. „verkürzten Veranlagungsverfahrens“. Wie oben erwähnt, wird die Bemessung der Steuer bzw. Zuerkennung eines Anspruchs im verkürzten Veranlagungsverfahren nur dann möglich sein, wenn das Steuersubjekt die in der Steuererklärung enthaltenen Mängel, welche die Höhe der Steuer bzw. des geltend gemachten Anspruchs beeinflussen, nicht beseitigt und der Steuerverwalter mit der steuerlichen Betriebsprüfung nicht begonnen hat. Das Steuersubjekt wird die Möglichkeit haben, gegen den Festsetzungsbescheid einen Widerspruch einzulegen, mit dem der übliche Prozess der Steuerveranlagung (steuerliche Betriebsprüfung und Veranlagungsverfahren) initiiert wird. Wird kein Widerspruch vom Steuersubjekt eingelegt, gilt es als seine Zustimmung mit der Steuerfestsetzung. Daher werden keine Rechtsmittel zulässig sein.

Effektivere vorläufige Maßnahmen

In Fällen von begründeten Zweifeln, dass noch nicht fällige oder noch nicht auferlegte Steuer zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit nicht entrichtet wird, kann der Steuerverwalter den Mechanismus einer vorläufigen Maßnahme anwenden (z.B. Hinterlegung eines Geldbetrags im Voraus). Nach der vorgeschlagenen Novelle zur Abgabenordnung wird in Fällen, wo die Gefahr des Verzugs der Hinterlegung des Geldbetrags besteht, dieser Beschluss über die vorläufige Maßnahme automatisch zum Vollstreckungstitel.

Einschränkung der Einwendungen der Befangenheit

Um die Einlegung von zahlreichen Einwendungen der Befangenheit im Rahmen des Steuerverfahrens einzuschränken, schlägt die Novelle vor, die Einwendung wiederholt aus demselben Grund, über den bereits entschieden wurde, nicht mehr einlegen zu können. Die Einwendung gegen den Direktor des Steuer- und Zollamts wird ebenfalls außer Betracht gelassen. Des Weiteren werden die grundlegenden Anforderungen einer Einwendung sowie die subjektive Frist für die Einlegung der Einwendung eingeführt. Diese muss innerhalb von acht Tagen nach dem Zeitpunkt, an dem das Steuersubjekt über die Gründe der Befangenheit erfahren hat, eingelegt werden, ansonsten wird sie nicht in Betracht gezogen.

Weitere wichtige Änderungen in der Abgabenordnung

Die Erstellung eines Gutachtens wird nach der Novelle die Unterbrechung des Steuerverfahrens oder der steuerlichen Betriebsprüfung zur Folge haben, wodurch die Gesamtfrist für die Erstattung von Vorsteuerüberhängen, bei denen steuerliche Betriebsprüfungen laufen, verlängert werden kann.

Steuerüberzahlungen, die der Steuerverwalter nach Ablauf der Frist für deren Rückgabe erfasst, werden auf ein Sonderkonto des Staatshaushalts umgebucht. Nach der Novelle wird es für die Steuersubjekte nicht nur unmöglich sein, deren Auszahlung zu beantragen, sondern werden sie diese Überzahlungen auch zur Anrechnung mit ihren Steuerschulden nicht verwenden können; diese Überzahlungen werden somit für sie für immer verloren sein.

Es wird vorgeschlagen, die Bestimmung über das Pfandrecht im Steuerverfahren zu ergänzen, damit auch das Vermögen anderer Personen als des Steuerschuldners verpfändet werden kann (z.B. Bürgen für die Umsatzsteuer, Mitglieder der umsatzsteuerlichen Organschaft sowie weitere Personen, gegen die ein steuerliches Vollstreckungsverfahren geführt werden kann).

Die angeführten Änderungen sollten nach dem Novellenentwurf am 1. Januar 2017 in Kraft treten.

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